Warum wollen wir die neuesten Gadgets

Am 9. September 2015 stellte Apple das iPhone 6S und iPhone 6S Plus vor. Sechs Tage später gab Apple eine Rekordzahl an Vorbestellungen für die neuen iPhones am ersten Tag bekannt, mit mehr als vier Millionen Bestellungen in den ersten 24 Stunden. Als die neuesten iPhones angekündigt wurden, gab es die mittlerweile üblichen Szenen von Raserei, Hysterie und hartem Wettbewerb, wer als erster ein weiteres Stück seines „Schatzes“ besitzen wird.

Ist solch rekordverdächtiges und hyper-aggressives Konsumentenverhalten einfach ein Spiegelbild von Apples technischem Genie, Produktdesign oder exzellenten Marketingstrategien oder etwas Grundsätzlicheres als wir denken? Evolutionär gesehen sind unsere Gehirne genetisch so verdrahtet, dass sie grundlegende Überlebensbedürfnisse wie Sex, Sicherheit und sozialen Status suchen und befriedigen. Der Akt des Suchens und Erfüllens dessen, was wir begehren, löst Aktivität im Belohnungsnetzwerk des Gehirns (in einer Region namens Striatum) aus, die mit der Freisetzung einer Chemikalie (oder eines Neurotransmitters) namens Dopamin einhergeht, die solche zwanghaften Verhaltensweisen verstärkt. Die meisten Arten von Belohnungen neigen dazu, den Dopaminspiegel im Gehirn zu erhöhen, und wenn sie unkontrolliert sind, kann übermäßiges Belohnungs- und Vergnügungsstreben zu starken Suchterkrankungen führen, wie sie bei Drogensucht, Alkoholismus, Glücksspiel und sogar beim Wall Street Trading zu beobachten sind.

In der heutigen entwickelten Welt, in der die grundlegenden Überlebensbedürfnisse von den meisten, wenn nicht sogar von allen Gesellschaftsschichten leicht befriedigt werden, machen es uns Internet- und Social-Media-Marken jedoch leichter, unser menschliches Grundbedürfnis nach Kommunikation (Whatsapp), Verbindung (Facebook), Austausch von Informationen (Twitter), Bildern (Instagram) oder Musik (Spotify) auszudrücken und sogar nach romantischen Partnern zu suchen, und zwar auf eine gesellschaftlich akzeptable (Tinder) oder inakzeptable Weise (Ashley Madison)! Es überrascht nicht, dass eine Neuroimaging-Studie ergab, dass Apple-Produkte bei ihren Fans die gleichen Teile des Gehirns aktivieren wie religiöse Bilder bei einem gläubigen Menschen.

Die starke Kombination aus intelligentem Marketing und Neurowissenschaften hat ein neues Feld namens „Neuromarketing“ entstehen lassen, in dem Unternehmen versuchen, das Verhalten der Verbraucher durch experimentelle Psychologie und neurowissenschaftliche Forschung zu verstehen und überzeugende Methoden zu finden, um die Bewunderung und den Durst der Verbraucher nach ihren Produkten immer wieder neu zu wecken. In jüngster Zeit haben die neuesten Fortschritte in der Forschung zum maschinellen Lernen in Verbindung mit sinkenden Kosten für die Speicherung riesiger Datenmengen und hochentwickelten Open-Source-Computing-Tools ein neues Feld der „Datenwissenschaft“ entstehen lassen. Unternehmen auf der ganzen Welt beschäftigen nun zunehmend „Datenwissenschaftler“, die das genießen, was die Harvard Business Review2 als den „sexiest job of the 21st century“ ankündigte. Bewaffnet mit Bergen von Verbraucherdaten (z. B. Website-Klicks auf Facebook oder Online-Einkaufspräferenzen auf Amazon oder Flipkart) machen Data Scientists Sinn aus diesen „großen“ Daten (90 % der weltweiten Gesamtdaten wurden in den letzten zwei Jahren erzeugt; Quelle: IBM) und liefern Lösungen und Strategien zur Vorhersage von Verbraucherentscheidungen und zur Bereitstellung personalisierter Empfehlungen.

Die Marken sind somit zu einem Teil unseres täglichen Lexikons geworden („Facebook/Whatsapp me“) und der Verbraucher ist nun zu einem Produkt geworden, dessen jede Handlung überwacht wird (ob man es will oder nicht), dessen Verhalten auf der Grundlage moderner Forschungstechniken, die Marketing, maschinelles Lernen und Neurowissenschaften kombinieren, analysiert werden kann, sodass ihm eines Tages vielleicht Produkte verkauft werden, noch bevor er sich des Wunsches bewusst ist!

 

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